Der amerikanische Musik-Autor Richie Unterberger hat sich in seiner Buchausgabe einer Zeitspanne der Who gewidmet,
die zu den interessantesten, verwirrendsten und innovativsten Perioden in der 45-jährigen Bandgeschichte zählt:
Die Zeit nach dem Meilenstein Tommy, in der Pete nach einer neuen musikalischen Orientierung gesucht hat, aus der
ein würdiger Tommy-Nachfolger entspringen sollte und die geprägt ist von Mißerfolgen (Lifehouse),
Höhepunkten (Who's Next) und zwiespältigen Ereignissen (Quadrophenia).
Zunächst war ich skeptisch, ob man diese Zeit so herausgetrennt aus der langjährigen Who-Biografie
betrachten kann und ob Richie Unterberger - angesichts des Titels "Won't Get Fooled Again" - nur endlose Lobeshymnen
auf das unter Who-Fans so beliebte Album mit seinen grandiosen Songs preisen wird. Doch schnell merkt man, dass es
sich hier um ein erstklassiges und hervorragend recherchiertes Sachbuch handelt.
Richie Unterberger beleuchtet die Ereignisse in der genannten Who-Periode sehr objektiv und sachlich. Intensiv
geht er auf technische und musikalische Entwicklungen ein (insbesondere des innovationen Einsatzes eines
Synthesizers), vergleicht Demos und endültige Versionen der zu dieser Zeit enstandenen Kompositionen, analysiert
die Stärken und Schwächen der jeweiligen Songs, liefert Hintergründe zu Aufnahmesessions und berichtet
über Live-Aufführungen des neuen Materials wie beispielsweise bei den Konzerten im Young Vic Theater oder
auf Tourneen sowie über Reaktionen von Fans und Musikpresse.
Bei seinen Ausführungen zitiert Richie Unterberger überwiegend aus Interviews und Presseberichten, was
teils interessant zu lesen ist, stellenweise aber auch manchmal etwas langwierig anmutet. Dennoch, durch die sehr
objektive und sachliche Darstellung hat Richie Unterberger ein sehr empfehlenswertes Sachbuch vorgelegt. Der Leser
bekommt hier viele Einblicke in das Lifehouse-Projekt und über das Entstehen von Who's Next und Quadrophenia.
Positiv ist auch, dass Richie Unterbergers Schilderungen nicht in den Ansatz einer Biografie abdriften und er auf
hinlängst bekannte, biografische Fakten weitgehend verzichtet und diese nur erwähnt, soweit sie im
jeweiligen Kontext sinnvoll erscheinen. Damit bleibt die Musik im thematischen Schwerpunkt, wodurch das Buch einem
Anspruch an einen entsprechenden Inhalt durchaus gerecht wird.
Einzig den Buchtitel "Won't Get Fooled Again" finde ich etwas fragwürdig. Zum einen findet er einen
inhaltlichen Bezug lediglich zu Lifehouse bzw. Who's Next und lässt Quadrophenia aussen vor. Zum zweiten gibt
es mit Lifehouse, Who's Next und Quadrophenia meiner Meinung nach nichts, womit The Who oder Pete Townshend uns Fans
für dumm verkauft haben. Auch der Hinweis des Authors, dass Pete Ankündigungen in der Öffentlichkeit
und Meinungen je nach Tagesform oder Lust und Laune permanent ändert und er damit seine Zuhörer oft mit
widersprüchlichen Aussagen konfrontiert, mag zwar - insbesondere zu Lifehouse-Zeiten - grundsätzlich
Realität aber kein Argument sein, das Buch entsprechend zu betiteln. Somit erschliesst es sich dem Leser nicht,
weshalb Richie Unterbergers Buch diesen Titel trägt. Dies ist aber auch schon fast der einzige Nachteil eines
sonst sehr empfehlenswerten Werks.
Fazit: Das Konzept dieses knapp 300 Seiten starken Buchs überzeugt, die Recherchen sind hervorragend und die
literarische Umsetzung im Großen und Ganzen gelungen. Ein exzellentes Fachbuch in der umfangreichen
Who-Bibliothek, bei dem man zum Lesen aber auch recht gute Englischkenntnisse mitbringen muss.
|