QUADROPHENIA

 

 

Die inhaltliche Thematik von Quadrophenia handelt von den Mods. Die Mods waren in England eine Jugendbewegung in der Mitte der 60er Jahre. Mod stammt aus dem Wortstamm 'modern'. Mod zu sein hieß in erster Linie, immer aktuell zu sein, sich immer am neuesten Trend zu orientieren und dadurch unwahrscheinlich cool zu wirken. Wenn man Mod war, so war es Pflicht, die besten und neuesten Klamotten zu tragen; italienische Schuhe, schicke Hemden und einen "Zoot Suit Jacket" als Anzug. Über diesen Sachen trugen die Mods zumeist einen Parker, der die teuren Klamotten vor Wind und Wetter schützte und zugleich warm hielt. Wenn man Mod war, so fuhr man außerdem einen Motorroller, vorzugsweise GS Scooter oder dergleichen. Diese Motorroller waren wahnsinnig aufgemotzt; viel blitzender Chrom musste es sein und ein Dutzend Rückspiegel, je mehr desto besser. Abends und am Wochenende traf man sich meist in Diskotheken, um den neuesten Tanztrends zu fröhnen. Freilich gehörten Aufputschpillen dazu. Dieser ganze Lebensstil kostete natürlich eine Menge Geld und nur wer einen Job hatte, konnte sich das leisten. Keinen Job zu haben bedeutete kein Geld zu haben, bedeutete, nicht die neuesten Klamotten zu tragen, bedeutete letztendlich, kein Mod zu sein und nicht dazuzugehören.

Das Pendant zu den Mods waren die Rocker; langhaarig, ungewaschen und in schmierigen und oft zerrissenen Lederklamotten, mit denen sie auf Motorrädern fuhren, die alles andere als chromblitzend waren. So hatten beide Gruppen ihr jeweiliges Feindbild und wo immer man sich über den Weg lief, kam es zu mehr oder weniger großen Reibereien und Auseinandersetzungen. Dutzende von Massenschlägereien gab es 1964 in den englischen Seebädern Brighton, Margate oder Hastings.

Hauptdarsteller in Quadrophenia ist Jimmy, ein überzeugter Mod und Mitglied einer typischen Modclique. Eines Tages trifft er in einer öffentlichen Badeanstalt seinen ehemaligen Schulkameraden Kevin nach längerer Zeit wieder. Die beiden tauschen sich aus, was sie seitdem erlebt haben. Jimmy erzählt von seiner Lebenseinstellung, Mod zu sein. Doch damit kann Kevin recht wenig anfangen. Kevin gehört keiner Jugendgruppe an. Er besitzt zwar ein Motorrad, welches ihm als reines Fortbewegungsmittel dient; aber nach irgendwelchen Regeln einer Trendbewegung zu leben, darin sieht Kevin absolut keinen Sinn. Jimmy freut sich über das Wiedersehen, erzählt aber zunächst niemandem von dieser Begegnung.

Jimmy lebt noch zu Hause. Seine Eltern haben ebenso wenig Verständnis für sein Mod-Dasein wie seine gleichaltrige Schwester. In ihren Augen ist Jimmy ein Nichtsnutz, der nächtelang in Diskotheken herumhängt und auf seinem Motorroller durch die Gegend fährt, anstatt die Pflichten des Lebens ernst zu nehmen und pünktlich zum Job zu erscheinen. Doch Jimmy kümmert das recht wenig, denn in der Mod-Clique erfährt er die nötige Anerkennung. Zudem hat er ein Auge auf Steph geworfen, die aber an einem festen Verhältnis mit ihm nicht sonderlich interessiert ist.

Und dann ist da noch Ace, der coolste aller Mods und Jimmys großes Vorbild.

Eines Tages wird einer seiner Freunde von den Rockern zusammengeschlagen. Die Mod-Clique sinnt auf Rache. Jimmy und die anderen fahren durch die Straßen der Stadt und schnappen sich den erstbesten vermeintlichen Rocker, den sie finden. Wild prügeln sie auf ihn ein und als dieser seinen Motorradhelm verliert, bemerkt Jimmy, daß es sein Freund Kevin ist. In panischer Verzweiflung, daß Kevin ihn erkennen könnte, schwingt sich Jimmy auf seinen Motorroller und rast davon, ohne seinem Freund zu helfen.
 

Nach diesem Ereignis fühlt sich Jimmy zum ersten Mal völlig desorientiert und hilflos. Er wird gequält von Selbstzweifeln, Trauer, Wut und Hilflosigkeit. Einerseits bedeutet die Mod-Clique für ihn ein emotionales Zuhause, andererseits erkennt er aber auch allmählich die Sinnlosigkeit, ein Mod zu sein. Doch die Bekennung zu den Mods überwiegt zunächst. Anders zu leben kann sich Jimmy auch nicht vorstellen. Aber irgendwie fühlt er sich häufig innerlich leer und er gerät in einen Gefühlszustand, den er nicht genau beschreiben kann. Doch die Aufputschpillen verhelfen ihm immer wieder zu Momenten der Glückseligkeit. Und er wird weiter vorangetrieben von der Hoffnung, irgendwann einmal bei Steph Erfolg haben zu können. Nicht zu vergessen Ace, zu dem er aufschauen kann und dessen Coolness ihm weiterhin Mut und Kraft gibt.

Sodann bereitet sich alles auf das große Ereignis am kommenden Wochenende in Brighton vor. Keiner weiß, warum ausgerechnet Brighton und was sie dort erwarten würde. Aber alle sprechen von Brighton. Und am darauffolgenden Wochende fahren Karavanen von Motorrollern einerseits und Motorrädern andererseits an die englische Südküste.

Es scheint als sind sämtliche Mods in England zu diesem Zeitpunkt in Brighton. Alle sind da, Jimmy, seine Freunde, Steph und selbstverständlich auch Ace.
Obwohl auch sehr viele Rocker nach Brighton kommen, sind sie in Anzahl den Mods unterlegen.

Und plötzlich geht es los, irgendetwas bringt die Schlachten ins Rollen. Rocker und Mods treiben sich gegenseitig durch die Straßen und am Pier entlang.

Schaufensterscheiben gehen zu Bruch, unbeteiligte Passanten werden belästigt und ergreifen die Flucht. Unten am Strand liefern sich Mods und Rocker wüste Schlägereien.
Schließlich trifft befahrene und berittene Polizei ein, die mühsam versucht der Lage Herr zu werden. Nun haben die raufenden Gruppen nicht nur die Mods oder die Rocker gegen sich, sondern auch noch die Polizei. Wieder rennen die Horden durch die Stadt und versuchen entweder der Polizei zu entkommen oder sich wieder in Gruppen zusammenzufinden.

In dem undurchschtigen Chaos treffen plötzlich Jimmy und Steph wieder aufeinander, nachdem die Gruppe zuvor auseinander getrieben war. Beide können sich gerade noch in eine kleine und abgeschiedene Hinterhofgasse retten und entkommen dadurch dem Zugriff der Polizeischaft. In der Nähe kann man noch den Lärm der Tumulte hören, doch hier am Ende der Seitengasse umgeben die beiden eine entspannte Ruhe, die nur für sie geschaffen ist. Sie geniessen den Augenblick und Steph läßt es geschehen, daß sie sich lieben.

Anschließend begeben sie sich wieder ins Getümmel, und nur einen Augenblick später wird Jimmy von einem Polizisten ergriffen und in ein Polizeifahrzeug gesperrt. Ihm gegenüber sitzen einige Rocker, aber seine Mine erhellt sich, als er bemerkt, daß neben ihm Ace sitzt, den die Polizisten auch verhaftet haben. Steph jedoch hat er aus den Augen verloren.

Insgesamt werden gut ein Dutzend Mods in Gewahrsam genommen und am Montag nach dem Wochenende dem örtlichen Gericht vorgeführt, unter ihnen auch Ace und Jimmy. In einer endlosen Ansprache wirft der Richter ihnen vor, daß sie der Abschaum der Menschheit seien und und und ... Schließlich verurteilt er sie zu einer Geldstrafe, worauf Ace sofort sein Scheckheft zückt und unter dem phrenetischem Jubel der anwesenden Mods fragt, ob er sofort bezahlen könne. Für Jimmy ist und bleibt Ace der coolste unter allen Mods.

Von den Schlachten in Brighton berichten natürlich die Zeitungen und wieder daheim angekommen, muss sich Jimmy von seinen Eltern schwere Vorwürfe anhören. Wie das nervt! Und auch als er sich am Dienstag wieder in seinem Job einfindet, hält ihm auch der Chef eine Strafpredigt, warum er denn am Montag ohne Entschuldigung gefehlt habe und Jimmy solle doch dankbar sein, diesen Job zu haben und und und ...

Eben noch diese Erlebnisse in Brighton, gemeinsam mit den Mods, mit Steph und Ace. Doch nun hat der graue Alltag Jimmy wieder eingeholt. Erst die Sache mit Kevin, die ihm immer noch zu schaffen macht, dann der Richter in Brighton, seine Eltern und nun auch noch der Chef. Das ist zuviel. Jimmy unterbricht den Vorwurfsschwall seines Vorgesetzten und kündigt den Job. Genauso cool wie Ace will er sein. Zuhause möchte er sich auch nicht mehr blicken lassen. Jimmy fährt ins Stammcafe seiner Modclique und berichtet, daß er den Job hingeschmissen hat. Doch auch dort erntet er ziemliches Unverständnis. Keinen Job zu haben heißt doch, kein Mod zu sein. Steph hat er seit Brighton nicht mehr gesehen, doch in dem Augenblick kommt sie in den Armen eines seiner Freunde durch die Tür. Als beide noch so anspielerische Bemerkungen auf ein gewisses Ereignis in Brighton machen, rastet Jimmy völlig aus und geht auf seinen Freund los. Nur mühsam kann die Clique die beiden Kontrahenten trennen. Mit dieser Aktion hat Jimmy nun endgültig an Ansehen verloren.

Am nächsten Tag fängt Jimmy Steph noch einmal auf der Straße ab, um mit ihr noch einmal zu reden. Doch auch sie zeigt für sein Verhalten kaum Verständnis. Enttäuscht und frustriert schwingt sich Jimmy auf seinen Motorroller und rast davon. Doch schon an der nächsten Kreuzung kommt es zum Zusammenstoß mit einem Lieferwagen. Von seinem geliebten Motorroller bleibt nur noch Schrott übrig.

Noch mehr frustriert und der Verzweiflung nahe begibt sich Jimmy schließlich mit dem Zug nach Brighton, an die Stätte, wo er angenehme Erinnerungen hegt.

Er besucht den Pier, den Strand und sucht die Seitengasse auf, wo er und Steph sich geliebt haben. Er empfindet alles wie in einem Trauma.

Als er die Strandpromenade entlang geht, entdeckt er auf einmal den Scooter von Ace, der neben einem Hotel abgestellt ist. Einen kurzen Moment später sieht er Ace durch den Hoteleingang kommen. Ace hat eine Hoteluniform an und empfängt einen ankommenden Hotelgast. Er greift sich dessen Koffer und Taschen und bemüht sich, vollgepackt mit dem Hotelgast Schritt zu halten. Jimmy traut seinen Augen kaum, Ace ein Gepäckträger! Ace, den er immer für so cool und groß gehalten hat, ist nichts weiter als ein kuschender Gepäckträger. Auch Jimmy's letzte Illusion zerplatzt wie eine Seifenblase.

Völlig desillusioniert setzt sich Jimmy auf Ace's Scooter und fährt davon. Ziellos fährt er durch Brighton, an der Strandpromenade entlang und schließlich aus Brighton hinaus. Sein Weg führt ihn an den Klippen der englischen Südküste entlang. Jimmy fährt immer schneller und schneller, bis er die Kontrolle über den Motorroller verliert. Mit Vollgas fliegt der Scooter über den Abgrund und zerrschellt auf den Klippen.

Damit endet die Geschichte von Quadrophenia. Der Titel Quadrophenia ist aus verschiedenen Ursprüngen entstanden. Zum einen soll er Jimmys Gefühlszustand charakterisieren. So ist quadrophen die Steigerung von schizophren, wobei nicht nur von einer zweigeteilten sondern vielmehr von einer viergeteilten Persönlichkeit die Rede ist. Zum anderen enthält die Musik von Quadrophenia vier Grundthemen, die durch die vier Musiker der Who repräsentiert werden. Und letztlich planten die Who das Album quadrophon aufzunehmen. Als Qudrophenia im Original 1973 erschien, war die Technik soweit ausgereift, daß der Ton der Schallplatte nicht nur aus zwei Lautsprechern (Stereo) kommen konnte, sondern bereits aus vier Lautsprechern. Quadrophenia wäre eines der ersten Alben gewesen, die in dieser neuartigen Soundtechnik erschienen wäre. Dennoch hat sich die quadrophone Technik damals nicht bis zur Marktreife durchsetzen können.